URLAUBSRECHT

Zum Urlaub gezwungen!

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist immer mal wieder für eine Überraschung gut. Einige Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Arbeitsrecht stehen im Widerspruch zum europäischen Recht – so entschied regelmäßig in den letzten Jahren der EuGH.

Dabei scheint es, dass die Arbeitnehmerrechte vom EuGH höher bewertet werden als vom deutschen BAG. Die „heilige Kuh“ des europäischen Arbeitsrechts ist aber wohl das Urlaubsrecht. In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Entscheidungen des EuGH zum Urlaubsanspruch, die zu gravierenden Veränderungen in der deutschen arbeitsgerichtlichen Entscheidungsfindung geführt haben.

Während Entscheidungen deutscher Gerichte bei der Veröffentlichung eigentlich anonymisiert werden, finden sich in den Entscheidungen des EuGH immer regelmäßig die Namen der Parteien wieder. Die Urlaubsrechtsprechung hatte sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. So gab es Jahr 2009 die Entscheidung Schultz-Hoff, in der der EuGH feststellte, dass auch bei langer Krankheit der Urlaubsanspruch am Jahresende nicht verfällt. Dies begrenzte der EuGH im Jahr 2011 in der Sache KHS gegen Schulte auf 15 Monate ab Ende des Urlaubsjahres.

Jetzt gibt es wieder Neuigkeiten aus Straßburg im Urlaubsrecht:
Die jahrelange Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass der Urlaubsanspruch im Todesfall des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nicht abgegolten werden muss, weil er höchstpersönlich ist und nicht auf die Erben¸übergeht, ist durch die Entscheidungen „Stadt Wuppertal gegen Bauer“ und „Willmeroth gegen Broßonn“ obsolet geworden. Beim Tod eines Arbeitnehmers gegen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Erben bezüglich eines noch bestehenden Urlaubsanspruches leer aus. Bereits im Jahr 2014 in der Sache Bollacke hatte aber der EuGH schon entschieden, dass ein bereits entstandener Urlaubsabgeltungsanspruch auch vererbt werden kann. Es soll also keiner sagen, dass die jetzigen Entscheidungen bezüglich der Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen wirklich überraschend kommen.

Mit zwei weiteren Entscheidungen vom 6. November 2018 in den Sachen Shimizu und Kreuziger hat der EuGH dann aber doch für eine richtige Überraschung gesorgt. Diese Entscheidungen sind vor allem für Arbeitgeber besonders bedeutsam. Der hier entschiedene Sachverhalt kommt nämlich weitaus häufiger vor als das Versterben eines Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses.

Worum geht es?

Nach der bisherigen deutschen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung verfiel der Urlaub am Ende des Kalenderjahres automatisch, wenn er nicht genommen wurde und der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag gestellt hatte. In der Praxis wurde er dann doch vielfach auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen.

Spätestens ab dem 1. April hatte ein Arbeitnehmer also nur noch Anspruch für das aktuelle Kalenderjahr.

Jetzt kommt die Entscheidung des EuGH ins Spiel:
Diesem Automatismus gibt es nicht mehr für den gesetzlichen Mindesturlaub. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, seinen Urlaub zu nehmen. Es ist also mindestens Sache des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, wie viel Urlaub er noch hat und dass er diesen Urlaub entsprechend verplant.

In welcher Häufigkeit und Intensität diese Hinweise erfolgen müssen, ist noch völlig ungeklärt. Auf der sicheren Seite wäre ein Arbeitgeber nur dann, wenn er dem Arbeitnehmer letztenendes zwangsweise den zustehenden Mindesturlaub gewährt. Es muss aber sicherlich noch so viel Zeit bleiben, dass der Urlaubsanspruch auch erfüllt werden kann. Wenn der Arbeitgeber das versäumt, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass er den Urlaub aus dem alten Jahr, den er nicht genommen hat, zusätzlich zum regulären Urlaub im Folgejahr nehmen kann.

Dass dadurch einige Betriebe an ihre Grenzen kommen dürften, liegt auf der Hand.

Auch die aktuellen Erträge sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Die Trennung von gesetzliche Mindest- und vertraglichem Zusatzurlaub mit unterschiedlichen Verfallsregelungen sollte hier dringend geregelt werden.

URLAUBSRECHT

Zum Urlaub gezwungen!

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist immer mal wieder für eine Überraschung gut. Einige Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Arbeitsrecht stehen im Widerspruch zum europäischen Recht – so entschied regelmäßig in den letzten Jahren der EuGH.

Dabei scheint es, dass die Arbeitnehmerrechte vom EuGH höher bewertet werden als vom deutschen BAG. Die „heilige Kuh“ des europäischen Arbeitsrechts ist aber wohl das Urlaubsrecht. In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Entscheidungen des EuGH zum Urlaubsanspruch, die zu gravierenden Veränderungen in der deutschen arbeitsgerichtlichen Entscheidungsfindung geführt haben.

Während Entscheidungen deutscher Gerichte bei der Veröffentlichung eigentlich anonymisiert werden, finden sich in den Entscheidungen des EuGH immer regelmäßig die Namen der Parteien wieder. Die Urlaubsrechtsprechung hatte sich in den vergangenen Jahren erheblich gewandelt. So gab es Jahr 2009 die Entscheidung Schultz-Hoff, in der der EuGH feststellte, dass auch bei langer Krankheit der Urlaubsanspruch am Jahresende nicht verfällt. Dies begrenzte der EuGH im Jahr 2011 in der Sache KHS gegen Schulte auf 15 Monate ab Ende des Urlaubsjahres.

Jetzt gibt es wieder Neuigkeiten aus Straßburg im Urlaubsrecht:
Die jahrelange Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, dass der Urlaubsanspruch im Todesfall des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nicht abgegolten werden muss, weil er höchstpersönlich ist und nicht auf die Erben¸übergeht, ist durch die Entscheidungen „Stadt Wuppertal gegen Bauer“ und „Willmeroth gegen Broßonn“ obsolet geworden. Beim Tod eines Arbeitnehmers gegen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Erben bezüglich eines noch bestehenden Urlaubsanspruches leer aus. Bereits im Jahr 2014 in der Sache Bollacke hatte aber der EuGH schon entschieden, dass ein bereits entstandener Urlaubsabgeltungsanspruch auch vererbt werden kann. Es soll also keiner sagen, dass die jetzigen Entscheidungen bezüglich der Vererbbarkeit von Urlaubsansprüchen wirklich überraschend kommen.

Mit zwei weiteren Entscheidungen vom 6. November 2018 in den Sachen Shimizu und Kreuziger hat der EuGH dann aber doch für eine richtige Überraschung gesorgt. Diese Entscheidungen sind vor allem für Arbeitgeber besonders bedeutsam. Der hier entschiedene Sachverhalt kommt nämlich weitaus häufiger vor als das Versterben eines Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses.

Worum geht es?

Nach der bisherigen deutschen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung verfiel der Urlaub am Ende des Kalenderjahres automatisch, wenn er nicht genommen wurde und der Arbeitnehmer keinen Urlaubsantrag gestellt hatte. In der Praxis wurde er dann doch vielfach auf das erste Quartal des Folgejahres übertragen.

Spätestens ab dem 1. April hatte ein Arbeitnehmer also nur noch Anspruch für das aktuelle Kalenderjahr.

Jetzt kommt die Entscheidung des EuGH ins Spiel:
Diesem Automatismus gibt es nicht mehr für den gesetzlichen Mindesturlaub. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, seinen Urlaub zu nehmen. Es ist also mindestens Sache des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, wie viel Urlaub er noch hat und dass er diesen Urlaub entsprechend verplant.

In welcher Häufigkeit und Intensität diese Hinweise erfolgen müssen, ist noch völlig ungeklärt. Auf der sicheren Seite wäre ein Arbeitgeber nur dann, wenn er dem Arbeitnehmer letztenendes zwangsweise den zustehenden Mindesturlaub gewährt. Es muss aber sicherlich noch so viel Zeit bleiben, dass der Urlaubsanspruch auch erfüllt werden kann. Wenn der Arbeitgeber das versäumt, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass er den Urlaub aus dem alten Jahr, den er nicht genommen hat, zusätzlich zum regulären Urlaub im Folgejahr nehmen kann.

Dass dadurch einige Betriebe an ihre Grenzen kommen dürften, liegt auf der Hand.

Auch die aktuellen Erträge sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Die Trennung von gesetzliche Mindest- und vertraglichem Zusatzurlaub mit unterschiedlichen Verfallsregelungen sollte hier dringend geregelt werden.